05
1998

Der Kommissar geht um – LAUSCHANGRIFF IM INTERNET?

Bei der Debatte um den Grossen Lauschangriff stellte sich für manchen Internet-User die Frage, ob er im Netz nicht selbst Opfer von Abhörmaßnahmen werden kann. Doch die Bedingungen, unter denen derartige Aktionen erfolgen können, sind relativ streng.

„Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich“. So stehts im Grundgesetz, Artikel 10, erster Absatz. Allerdings erlaubt der zweite Absatz von Artikel 10 Einschränkungen dieses Grundrechts: Wenn der Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gefährdet ist, kann das Grundrecht durch Gesetz beschränkt werden. Das Post- und Fernmeldegeheimnis gilt natürlich auch für die Kommunikation im Internet und wird bekanntlich seit Mitte letzten Jahres vom Telekommunikationsgesetzes (TKG) näher spezifiziert. In 85 dieses Gesetzes ist eine Regelung zum Fernmeldegeheimnis enthalten: Hier wird festgelegt, da das Fernmeldegeheimnis von jedem zu wahren ist, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt. Da in 3 die Telekommunikation ziemlich breit festlegt ist – nämlich als technischer Vorgang der Nachrichtenvermittlung mit Telekommunikationsanlagen – betreiben natürlich auch Online-Provider Telekommunikation und fallen somit in den Geltungsbereich des 85 TKG.

Wann darf gelauscht werden?

Unter das Fernmeldegeheimnis fallen der Inhalt der Nachricht und ihre näheren Umstände, ob also jemand zum Beispiel an der Telekommunikation beteiligt war. In 85 Abs. 3 Satz 3 TKG wird bestimmt, da Kenntnisse über Telekommunikationsvorgänge ausnahmsweise zu anderen als den vorgesehenen Zwecken verwendbar sind und an Dritte weitergegeben werden dürfen. Ihr Online-Provider kann also angehalten werden, Ihre Daten an Ermittlungsbehörden abzugeben. Voraussetzung dafür ist aber, da eine gesetzliche Regelung dies ausdrücklich erlaubt. Solche Ausnahmevorschriften enthalten das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses der Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und die Strafprozessordnung (StPO). Wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht einer Straftat rechtfertigen, erlauben beispielsweise die Vorschriften der StPO die Anordnung der Überwachung und Aufzeichnung des Fernmeldeverkehrs. Als Straftaten, die eine solche Anordnung rechtfertigen, kommen in Betracht: Hochverrat, Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats, Landesverrat, Geld- oder Wertpapierfälschungen, schwerer Menschenhandel, Mord, Totschlag, Völkermord, Freiheitsdelikte, Bandendiebstähle, Raub und räuberische Erpressung. In all diesen Fällen ist eine Überwachung seitens der Behörden erlaubt.

Wer ordnet an?

Die Observierung muss schriftlich durch einen Richter oder, bei Gefahr im Verzug, durch einen Staatsanwalt angeordnet werden. In der Anordnung müssen Name und Anschrift des Beschuldigten bzw. der Person, gegen die sich die Anordnung richten soll, genannt sein. Die Überwachungsmaßnahme darf maximal drei Monate andauern. Dem Provider muss eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der Anordnung zugestellt werden. Gegen eine solche Anordnung können die Provider zwar Beschwerde einlegen, sie hat jedoch keine aufschiebende Wirkung. Der Nutzer der Telekommunikation kann wegen der Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts Schadensansprüche anmelden. In schweren Fällen kann auch ein Schmerzensgeldanspruch ( 847 BGB) bestehen. Die Schadenersatzansprüche sind jedoch auf maximal 25.000 Mark je Nutzer beschränkt.

Providerpflichten

Der Internet-Provider hat gegenüber dem Gesetzgeber einige Verpflichtungen. So ist er gesetzlich verpflichtet, Kundendateien anzulegen, in die Rufnummern, Rufnummernkontingente, Namen und Anschriften der Inhaber aufzunehmen sind ( 90 TKG). Er muss es auch ermöglichen, da auf diese Datenbestände unentgeltlich von Seiten der Regulierungsbehörde zugegriffen werden kann, ohne da ihm diese Abrufe zur Kenntnis gelangen.

Konstantin Malakas, Rechtsanwalt in Berlinlkm

Widerstand gegen Internet-Lauschangriffe

Betreiber einer Home-Page können Ihren Unmut kundtun, indem Sie das deutsche Pendant zum amerikanischen „Free Speech“-Symbol, den Blue-Ribbon, installieren. Die „Wanze“ gibt’s unter http://www5.inm.de/tkg/.

Nutzer können ihre E-Mails verschlüsseln, beispielsweise mit PGP. Eine Page mit verschiedenen Internet-Utilities findet sich unter http://204.212.254.8/resource.htrnl.

Surfer können über die Anonymizer-Homepage surfen (http://www.anonymizer.com/) oder Luckman’s „Anonymous Cookie“ installieren (http://www.luckman.com/anoncookie/index.html).

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