10
1999

Aktenzeichen: „Webspace“ – Abmahnwelle im Internet

Die Internetgemeinde ist aufgeschreckt. Die Bezeichnung „Webspace“ wurde vom Deutschen Patentamt als Markenname akzeptiert. Und schon kurze Zeit später flatterten den Providern dutzendweise Abmahnungen ins Haus.

Die Sachbearbeiter beim Deutschen Patent- und Markenamt (http://www.dpma.de/) hatten ihre Zweifel. Schließlich dauerte es fast eineinhalb Jahre bis sie die Marke „Webspace“ eingetragen hatten. Ihre mehr als berechtigten Zweifel wurden durch die Argumente eines in Internetkreisen berühmt-berüchtigten Anwalts beseitigt. So kam es, da sein Mandant, Herr Thielker aus Lünen, zu trauriger Berühmtheit gelangte. Er wurde „stolzer“ Inhaber des Markenzeichens „Webspace“. Kaum war die Unterschrift getrocknet, schon betraute er den „Abmahnanwalt“ von Gravenreuth mit der Geltendmachung der Markenrechte. Dieser mahnte zunächst kleinere Provider ab. Hier hatte er erfahrungsgemäß mit dem geringsten Widerstand zu rechnen. Und in der Tat: Viele unterwarfen sich der Unterlassungserklärung, nahmen ihre Internet-Seiten vollständig aus dem Netz und zahlten die Gebühren des Anwalts, nicht selten an die 2.000 Mark.

Massiver Widerstand

Diejenigen, die sich nicht ins Bockshorn jagen ließen, läuteten ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren ein. Dieses dringt wegen seines Eilcharakters aber nicht allzu tief in die rechtliche Prüfung der Ansprüche ein. So untersagte das Landgericht Köln unter dem Aktenzeichen 84 0 48/99 einem Zweimann-Unternehmen aus Oelde die weitere Nutzung des Begriffs „Webspace“. Allerdings war der Antragsgegner nicht anwaltlich vertreten. Ein rechtlicher Beistand hätte einwenden können, da die Marke gar keine rechtliche Bestandskraft hat. Außerdem sind die Rechte nicht durchsetzbar, wenn die Bezeichnung rein beschreibend verwendet wird (§ 8 II Ziff. 2 Markengesetz (MarkenG)). Und gerade diese beschreibende Verwendung dürfte beim Begriff „Webspace“ in den meisten Fällen zutreffen. Die Abmahnungen trieben die meisten betroffenen Provider zurecht auf die Barrikaden. Einer handelte nach dem Motto: „Gemeinsam sind wir stark“. Die „Aktion gegen Markengrabbing“ (http://www.markengrabbing.de) von Thorsten Haßiepen rief gezielt dazu auf, sich gegen diese wohl unrechtmäßigen Abmahnungen zur Wehr zu setzen. Spontan reagierten viele Provider, darunter auch bundesweit agierende, mit Spenden. Damit wurde ein Löschungsverfahren zur Beseitigung der Marke „Webspace“ finanziert. Dieses hat Kollege Dr. Krieger am 23. Juli 1999 unter Federführung der „Netscouts“ (http://www.netscouts.de/host/news/read.php3?43) eingeleitet. Die Erfolgschancen sind recht groß. Zwischenzeitlich wird Herr Thielker auch noch von anderer Seite unter Beschuss genommen. Die Firma What’s Up reklamiert ältere Rechte an dem Kennzeichen. Unter http://www.whatsup.de sind die ersten Erfolgsmeldungen nachzulesen.

Jetzt reicht’s

Selbstverständlich ging der Abmahnkollege nur gegen die Provider vor, mit denen er bislang noch keine geschäftlichen Beziehungen eingegangen war. Allen bisherigen Mandanten hat er nämlich aufgrund des sonst bestehenden Interessenskonflikts statt einer Abmahnung einen Lizenzvertrag zukommen lassen, der die unentgeltliche Nutzung des Begriffs „Webspace“ vorsieht. Allerdings muß sich der Lizenznehmer dabei verpflichten, nicht an Aktionen wie denen von Haßiepen oder den netscouts teilzunehmen. Ein geschickter Schachzug, um die Internetgemeinde zu spalten. Doch wird er Erfolg haben? Wie die unselige Praxis solcher Abmahnungen im Internet, die nur wegen der Unwissenheit und Verschüchterung einzelner immer neue Blüten treibt, aus der Welt geschafft wird, ist gleichgültig. Wichtig ist nur, da bei allem Wettbewerbsbewusstsein sich immer noch genügend Unternehmer finden, die bereit sind, gemeinsam gegen Rechtsmissbrauch vorzugehen.

Unterschreiben Sie nichts! Wer wegen der Verwendung des Begriffs „Webspace“ eine Abmahnung erhält, sollte keinesfalls eine strafbewehrte Unterlassungserklärung unterzeichnen. Zwar sind die Kosten für die Inanspruchnahme eines Anwalts genauso hoch, wie die Abmahngebühr selbst, doch sollte man genau prüfen, ob man wirklich das Schlachtfeld kampflos räumen möchte. Wer wegen der Verwendung des Begriffs „Webspace“ einen Lizenzvertrag zugesandt bekommen hat, sollte ihn genau lesen, vielleicht einzelne Klauseln durchstreichen und so ein neues Angebot unterbreiten. Sie sollten sich dabei nicht von klingenden Namen einschüchtern lassen.

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