09
1997

Das Multimedia-Gesetz als Hoffnungsträger – Arbeitsplätze per Gesetz?

Am 1.8.97 ist das Gesetz zur Regelung , der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (luKDG) – kurz „Multimedia-Gesetz“ in Kraft getreten. Das international einmalige Bundesgesetz wird als Motor auf dem Weg in die Wissensgesellschaft verstanden.

Das Multimediagesetz regelt die sogenannten Teledienste im Unterschied zu den Mediendiensten. Teledienste sind Angebote für einzelne (Telebanking, Meinungsforen, Telelernen, Wetterdatendienste, Homepages, Online-Kataloge), während Mediendienste sich als „Massen-Dienste“ (Teleshopping in Form von Fernsehveranstaltungen, elektronische Presseinformation, Fernsehtext) an die Allgemeinheit richten und daher der Länderhoheit unterfallen. Diese künstliche Trennung ist ein Hauptkritikpunkt, weil die beiden Bereiche immer mehr zusammenwachsen. Zuständigkeitsstreitigkeiten sind somit vorprogrammiert. Die Regierung setzt große Hoffnungen in die Schubkraft des Multimedia-Gesetzes für die Schaffung neuer und die Beibehaltung bestehender Arbeitsplätze in der Informationswirtschaft (siehe Pressemitteilung Bundesminister Rüttgers vom 4.7.97). Darüberhinaus wird das Gesetz als Motor auf dem Weg in die Wissensgesellschaft verstanden. Die zentralen Vorschriften sind international einzigartig. Aus diesem Grund darf man gespannt sein, ob die Anbieter sich diesen Regelungen unterwerfen oder ob sie sich durch Abwanderung ins Ausland derselben entziehen werden.

Was das Gesetz leisten soll

Das Multimediagesetz faßt die geregelten Rechtsbereiche in 11 Artikeln zusammen. Die wichtigsten sind Artikel 1(TDG), in dem unter anderem bestimmt ist, daß Teledienste zulassungs- und anmeldungsfrei sind (§ 4). Das heißt, daß jede natürliche oder juristische Person oder Personenvereinigung Angebote im Bereich der Individualkommunikation bereithalten oder vermitteln darf. Dies betrifft zum Beispiel Telebanking, Datenaustausch, Datendienste wie Verkehrs-, Wetter-, Umwelt-, Börsendaten, Informationen über Waren und Dienstleistungsangebote, Nutzung des Internets oder anderer Netze, Nutzung von Telespielen, Angebote von Waren und Dienstleistungen in elektronisch abrufbaren Datenbanken mit interaktivem Zugriff und unmittelbarer Bestellmöglichkeit. Ein Gewerbeschein genügt. Dabei haftet der Diensteanbieter für eigene Inhalte nach allgemeinem Haftungsrecht voll (§ 5). Für fremde Inhalte, die sie zur Nutzung bereit halten, haften sie dann, wenn sie von den Inhalten Kenntnis haben und es ihnen technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern. Die Verantwortlichkeit der Provider für fremde Inhalte, zu denen sie lediglich den Zugang zur Nutzung vermitteln, ist ganz ausgeschlossen. Allerdings muß der Provider den Zugang zur Nutzung rechtswidriger Inhalte sperren, wenn er unter Wahrung des Fernmeldegeheimnisses von den Inhalten Kenntnis erlangt und es ihm technisch möglich und zumutbar ist. Eine Aktion, wie sie die deutsche Staatsanwaltschaft gegen CompuServe durchgeführt hat, sollte damit nicht mehr möglich sein. Soweit die Angebote jugendgefährdendes Material enthalten können (immerhin etwa 1% aller Daten, die im Internet abgerufen werden können, also etwa 1 Million Dateien), hat der Provider entweder einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen, der an der Angebotsplanung und Gestaltung der Allgemeinen Nutzungsbedingungen zu beteiligen ist oder eine Organisation der freiwilligen Selbstkontrolle zu verpflichten. Nach dem Teledienstedatenschutzgesetz (TDDSG) in Artikel 2 dürfen personenbezogene Daten der Nutzer vom Diensteanbieter lediglich zur Durchführung der Teledienste erhoben, verarbeitet und genutzt werden, soweit die strengen deutschen Datenschutzbestimmungen dies erlauben oder der Nutzer eingewilligt hat. Die Verwendung von cookies ist damit rechtswidrig. Zur Garantie der Transaktionssicherheit als Voraussetzung für electronic commerce ist schließlich das Signaturgesetz (Art. 3) gedacht. Wie eine Unterschrift soll die digitale Signatur die Identität des Absenders und die Authentizität eines Dokuments gewährleisten. Das Gesetz stellt bestimmte Standards auf, ohne jedoch zwingende Vorschriften oder technische Anforderungen festzuschreiben. Der experimentelle Charakter des Gesetzes tritt hier am augenfälligsten zutage.

Konstantin Malakas, Ingeborg Scbnepp (Recbtsanwälte in Berlin, Mainz)/km

Multimediagesetz in Kürze

  • Jeder darf Informationsdienste anbieten
  • Abgestufte Haftung je nach Inhaltsnähe
  • Weitgehende Anonymität der Nutzer
  • Möglichkeiten zur Absicherung des Geschäftsverkehrs
  • Vorerst kein Kryptographie-Verbot
  • Abgestufter Jugendschutz mit FSK
  • Umsetzung der EU-Richtlinie im Urheberrecht

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