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Geschäftsbedingungen: Tücken in Verträgen
Achtung, Kleingedrucktes! Welche Vertragsklauseln für Sie unzulässig sind wie Sie sich dagegen wehren.
Die Werbung war schuld. Werner B. ließ sich vom vollmundigen Angebot des Internet Providers Mobilcom blenden: Im Rahmen der Freenet-Kampagne konnte noch vor ein paar Monaten jeder für 9,5 Pfennig pro Minute im Web surfen. Die böse Überraschung kam damals einige Wochen später mit der ersten Rechnung. Der Telefonanbieter berechnete nicht wie versprochen 9,5, sondern 19 Pfennig pro Minute. Empört rief Werner B. bei Mobilcom an und beschwerte sich. Der gut gelaunte Hotliner hatte eine Erklärung parat: Er verwies auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Das sind die Vertragsbedingungen, die auf die Rückseite eines Kaufvertragformulars aufgedruckt sind oder in Geschäften aushängen.
AGB: Das Kleingedruckte ist voller Fallstricke
Werner B. ließ sich die Vertragsbedingungen zuschicken und las dort den Grund für die wundersame Preiserhöhung: Das Angebot sollte nur denjenigen zugute kommen, die auch beim Festnetzanschluss Mobilcom-Kunden sind (sogenannte Preselection). Auf den ersten Blick war die Firma also im Recht, da Werner seine übrigen Telefonate noch immer über die Telekom führte. Die Sache hatte nur einen Haken: Der Preselection-Vorbehalt war nachträglich in die AGB aufgenommen worden und nicht von Anfang an Vertragsbestandteil. In unserer Rechtsordnung herrscht zwar das Prinzip der Vertragsfreiheit. Die Vertragspartner können gesetzliche Bestimmungen, die nicht zwingend gelten, in ihrem Sinne vertraglich regeln. Nachträgliche Änderungen der AGB werden aber nur dann Vertragsbestandteil, wenn der Vertragspartner die neue Fassung erhalten und ihr zugestimmt hat. Dabei müssen die geänderten Passagen unterstrichen, fett, kursiv oder sonstwie hervorgehoben sein. Schweigt der Kunde auf eine ordnungsgemäße Änderungsmitteilung und setzt den Vertrag fort, gilt dies als Zustimmung. Im Normalfall werden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsschluß „wirksam einbezogen“, wenn der Käufer in zumutbarer Weise die Möglichkeit erhalten hat, sie vorher zu lesen. Es reicht also aus, wenn der EDV-Discounter die AGB in den Verkaufsräumen gut lesbar aushängt. Im sonstigen Geschäftsverkehr, etwa bei Internet-Bestellungen, muß der Kunde ohne Umwege, das heißt ohne Klickorgien, die AGB einsehen können. Auf der Mobilcom-Anzeige war davon aber keine Rede. Die Vertriebshotline hätte den Kunden mündlich darauf hinweisen und die AGB sodann zusenden müssen, sofern er nicht darauf verzichtet. Inzwischen hat der Berliner Verbraucherschutzverein dem Treiben von Mobilcom vor Gericht ein Ende gesetzt. Die Urteilsbegründung stützt sich allerdings nicht auf den Verbraucherschutz, sondern auf ein wettbewerbsrechtliches Problem: Das Berliner Gericht entschied, es sei irreführend und somit verboten, mit einem Angebot zu werben, das nicht allen Interessenten zur Verfügung steht. Jetzt kann niemand mehr die günstigen Tarife nutzen. Nicht alle Kunden haben indes Verständnis für das Engagement der Verbraucherschützer. Klaus M. profitierte von dem günstigen Angebot der Mobilcom, da er dort auch Telefonkunde war. Er sieht sich durch die Fürsorglichkeit der Verbraucherschutzverbände bevormundet. Ich bin ein mündiger Kaufmann, der selbst Verträge prüfen kann“, räsoniert er. Wegen der sogenannten Vertragsfreiheit darf sich jeder grundsätzlich zu allem verpflichten. Der Kunde steht dabei gewöhnlich in einer schwächeren Verhandlungsposition. Das können Sie ausprobieren, wenn Sie das nächste Mal einen PC kaufen: Erklären Sie dem Verkäufer, Sie seien nicht damit einverstanden, daß „die Ware bis zur vollständigen Bezahlung im Eigentum des Verkäufers“ bleibt. Im besten Falle bleibt der Mann hinter dem Tresen weiterhin freundlich, aber einen PC tragen sie nicht aus dem Laden.
Schutz vor ungewolltem Eigentumsverlust
Denn diese Eigentumsvorbehaltsklausel ist nicht unangemessen. Sie schützt den Verkäufer, der sonst riskiert, ohne den entsprechenden Gegenwert sein Eigentum zu verlieren. Wäre diese Bestimmung nicht in den AGB enthalten, würde automatisch die gesetzliche Regelung in Kraft treten. Damit wäre der Kunde gleich beim Kauf mit der Übergabe des PCs stolzer Eigentümer geworden – auch ohne ihn ganz bezahlt zu haben. Damit aber die Grenzen der guten Sitten nicht überschritten werden und der Mächtigere nicht den Schwachen ausnutzt, definiert das AGB-Gesetz einige Richtlinien, die nicht abgewandelt werden dürfen. Zu diesen zwingenden gesetzlichen Vorschriften zählt etwa die Haftung für grobes Verschulden. Ein Händler muß demnach immer selbst für einen Schaden eintreten, den er oder seine Angestellten verursacht haben, weil sie nicht sorgfältig genug mit der Ware umgegangen sind. Wenn zum Beispiel im PC eine nicht festgeschraubte Steckkarte andere Bauteile beschädigt, muß der Händler den Schaden ersetzen. Diese Art der Haftung darf niemals per AGB ausgeschlossen werden. Wird sie es doch, ist die entsprechende Klausel unwirksam.
Erst prüfen, dann kaufen: Das sollten Sie beachten
Achten Sie bei Vertragsverhandlungen darauf, ob die AGB richtig einbezogen werden. Wenn Sie keine Gelegenheit hatten, sie zur Kenntnis zu nehmen, gelten Sie nicht. Fragen Sie zu Beginn eines Telefonats, ob Zeugen mithören dürfen. Nehmen Sie einen Zeugen mit. Wenn sich der Verkäufer auf die wirksame Einbeziehung der AGB beruft, muß er das beweisen. Mit Zeugen können Sie dagegenhalten. Lassen Sie sich beraten, ob einzelne Klauseln wirksam sind oder nicht. Verbraucherschutzvereine helfen dabei. Individuelle Vereinbarungen haben immer Vorrang vor AGB. Scheuen Sie sich nicht, auf einem Vertragsformular handschriftliche Ergänzungen vorzunehmen. Vor allem die Zusicherung von Eigenschaften wie Jahr-2000-Fähigkeit sollten Sie auf dem Vertrag notieren.
So wehren Sie sich nach dem Kauf gegen unwirksame AGB
Wenn Sie an dem Vertrag festhalten wollen, bestehen Sie auf Anwendung der gesetzlichen Regelungen anstelle der unwirksamen Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Wenn Sie den Vertrag kündigen wollen, tun Sie dies schriftlich. Je nach Schwere des Verstoßes gegen vertragliche Pflichten kann Ihnen ein außerordentliches (fristloses) Kündigungsrecht zustehen. Das Recht auf außerordentliche Kündigung kann nicht durch AGB ausgeschlossen werden.
Konstantin Malakas (pm)
Malakas, Würzburger Rechtsanwalt, ist auf Telekommunikations- und Computerrecht spezialisiert.
Seine E-Mail: ramalakas@weblawyer.de
Problematische Klauseln:
1.Angebot und Vertragsabschluss
Der Vertragsschluss kommt durch Schweigen auf ein Angebot des Verkäufers zustande.
Die Rechtslage: Diese Klausel ist nur in besonderen Fällen wirksam, zum Beispiel im Rechtsverkehr bei Kaufleuten.
2. Preise
Die Preisangaben unterliegen der beliebigen Änderung durch den Verkäufer. Der Käufer ist zur Vorleistung verpflichtet.
Die Rechtslage: Klauseln, die dem Verkäufer eine beliebige Preiserhöhung gestatten, sind unwirksam. Vorleistungsklauseln sind manchmal zulässig, aber nicht bei Kaufverträgen über Elektrogeräte.
3. Gefahrübergang
Mit Ablauf des vereinbarten Liefertermins geht die Preisgefahr auf den Käufer über.
Die Rechtslage: Nur weil der Verkäufer nicht rechtzeitig liefert, darf er eine Preiserhöhung nicht automatisch weitergeben.
4. Zahlungsbedingungen
Der Käufer kommt bei Nichtzahlung ohne Mahnung in Verzug.
Die Rechtslage: Der Kunde kommt erst nach der Mahnung in Verzug, davon kann in den AGB nicht abgewichen werden.
5. Einbeziehung
Die vorliegenden Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen erlangen auch ohne Kenntnis des Käufers Geltung für den Vertrag.
Die Rechtslage: Bevor der Käufer den Verfrag abschließt, muß er Gelegenheit haben, die AGB zur Kenntnis zu nehmen.
6. Gewährleistung
Eine Gewährleistung hängt, davon ab, ob die Kaufsache in der Originalverpackung eingesandt wird.
Die Rechtslage: Eine Gewährleistung kann grundsätzlich nicht von der Rückgabe in Originalverpackung abhängig gemacht werden.
Eine Rückgängigmachung des Kaufvertrages ist ausgeschlossen.
Die Rechtslage: Diese „Wandelung“ darf nicht generell ausgeschlossen werden.
Vor der Geltendmachung anderer Gewährleistungsansprüche hat der Verkäufer Gelegenheit zu dreimaliger Nachbesserung.
Die Rechtslage: Die Gestattung dreimaliger Nachbesserung in den AGB ist unwirksam.
Gewährleistungsansprüche verjähren innerhalb von drei Monaten nach Kaufdatum.
Die Rechtslage: Die gesetzliche Gewährleistungsfrist beträgt 6 Monate ab dem Kauf.
7. Schadenersatz
Schadenersatzansprüche stehen dem Käufer nur bei Vorsatz zu.
Die Rechtslage: Die Haftung für grobes Verschulden darf nicht ausgeschlossen werden.
Schäden werden nur bis zu einer Höhe von 50 Mark erstattet.
Die Rechtslage: Die Beschränkung der Höhe des Haftungsanspruch ist nur in wenigen Ausnahmefällen erlaubt.
Für mittelbare Schäden wird nicht gehaftet.
Die Rechtslage: Haftungsabgrenzungen, die Mängelfolgeschäden ausschließen, sind unzulässig.
8. Schriftform
Mängelrügen werden nur berücksichtigt, wenn sie auf den dafür vorgesehenen Formularen des Verkäufers schriftlich fixiert fristgerecht eingehen. Eine strengere Form als die Schriftform darf nicht vorgeschrieben werden.
9. Gerichtsstand
Für alle Streitigkeiten aus dem Vertrag ist die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofes in Den Haag gegeben. Die Wahl eines ausländischen Gerichtsstands ist unzulässig, wenn deutsches Recht anzuwenden ist. Ein bestimmtes Gericht kann nicht festgelegt werden, weil die sachliche und funktionelle Zuständigkeil zwingend gesetzlich geregelt ist.
10. Salvatorische Klausel
Sollten einzelne Bestimmungen dieser Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen unwirksam sein, sind sie gleichwohl anzuwenden (Prinzip der Vertragsfreiheit). Diese „umgekehrte“ salvatorische Klausel ist unwirksam, da der Kunde gerade vor unangemessener Benachteiligung geschätzt werden soll.