04
2000

Ring frei!

Catcher kämpfen nicht nur im Ring, sondern auch im Gerichtssaal. So holte sich deren Weltverband in Rekordzeit eine Domain. Möglich machte dies ein neues Schiedsverfahren bei Domainstreitigkeiten.

Anfang Dezember 1999 wurde bei der WIPO (World Intellectual Property Organization) ein Schiedsgericht unter der Bezeichnung „Arbitration and Mediation Center“ eingerichtet. Dieses kann bei Streitigkeiten zwischen Unternehmen der Privatwirtschaft um immaterielle Rechtsgüter, zum Beispiel um Urheberrechte, angerufen werden. Bereits am Tag nach der Aufnahme seiner Tätigkeit wurde es mit einem Fall von Cybersquatting (früher: Domaingrabbing), also der Besetzung eines Domainnamens, konfrontiert. In dieser Angelegenheit kam es am 14. Januar 2000 erstmals zu einem Schiedsspruch. Danach wurde einem kalifornischen Domaininhaber die weitere Nutzung der Domain www.worldwrestlingfederation.com untersagt.

Her mit der Domain!

Die World Wrestling Federation (WWF), einer der Weltverbände der Catcher, musste lediglich eine geringe Verfahrensdauer in Kauf nehmen, um die Herausgabe des Domainnamens zu erwirken. In der Tat war der Vorwurf des Cybersquatting recht einfach nachzuweisen. Mr. Scott Donahey, ein kalifornischer Markenrechtler, der mit der Lösung des Falles von der Schiedsstelle betraut worden war, konnte relativ schnell und eindeutig feststellen, dass der Domaininhaber bereits drei Tage nach der Registrierung der WWF-Domain angeboten hatte, den Domainnamen gegen eine signifikante Summe herauszugeben. Da der Domaininhaber keine eigenen Rechte an der Bezeichnung inne hatte, wurde er gemäß § 4 i der Policy dazu verurteilt, den Domainnamen an die WWF herauszugeben.

Schnelles Verfahren

Die kurze Verfahrensdauer ist sicherlich einer der interessanteren Aspekte der Schiedsgerichtsbarkeit. Die Pressestelle der WIPO teilte mit, dass die an sie herangetragenen Fälle zumeist innerhalb von 45 Tagen entschieden werden können. Im Vergleich zu einem herkömmlichen Gerichtsverfahren ist das natürlich unschlagbar. Das Schiedsgericht kann aber nur angerufen werden, wenn die TLDs .com, .net und .org betroffen sind. Diese Beschränkung hat ihren Ursprung in der Herkunft der Uniform Dispute Resolution Policy, dem Regelwerk, das die ICANN der Schiedsstelle mit auf den Weg gegeben hat. Die ICANN ist selbst nur für die Vergabe von Domainnamen unter diesen drei TLDs zuständig. Also konnte sie auch nur für diese TLDs eine Schiedsverfahrensordnung erlassen. Die nächste Frage betrifft die Vollstreckbarkeit eines Schiedsspruchs der WIPO. Rechtlich sind die Schiedssprüche nicht bindend. Damit die Angelegenheit nicht zu einer Lachnummer wird, haben sich die von der ICANN autorisierten Unternehmen zur Registrierung von Web-Adressen verpflichtet, die Schiedssprüche zu respektieren und umzusetzen. Damit musste Melbourne IT, das die Registrierung der „WWF-Domain“ vorgenommen hatte, innerhalb von zehn Tagen die Eintragung annullieren. Gegen die Schiedssprüche ist eine Anfechtung möglich, die jedoch gerichtlich geltend gemacht werden muss.

Auch für .de?

Für den deutschen Markt, bei dem ein großer Prozentsatz .de-Domains nutzt, bieten sich an alternativen Konfliktlösungswegen eher herkömmliche Vergleichsverhandlungen oder Wirtschaftsmediationen an. Dieser Ansatz bietet die gleichen Vorteile wie das Verfahren bei der WIPO und hat darüber hinaus den Vorzug, dass die Parteien ihren Konflikt kostengünstig unter Berücksichtigung ihrer Interessen lösen können. Gerade für den Bereich der Informationstechnologie ist beispielsweise die Mediation Network GbR (www.mediationnetwork.de) eine Anlaufstelle, in der Rechtsanwälte solche Verfahren durchführen können.

Konstantin Malakas/gun ramalakas@weblawyer.de

DAS KOSTET EIN WIPO-VERFAHREN

Die geringste Gebühr für das Einreichen eines Schlichtungsantrags bei der WIPO beträgt 1.000 US-Dollar. Bevor diese Registrierungsgebühr nicht entrichtet ist, wird die Schlichtungsstelle nicht tätig. Hinzu kommt eine Verwaltungsgebühr von mindestens 1.000 US-Dollar bei einem Streitwert bis 100.000 US-Dollar. Bei einem Schlichter und einem Streitwert bis 100.000 US-Dollar sind für den Schlichter 2.000 US-Dollar fällig. Das bedeutet, eine WIPO-Schlichtunq kostet auf Jeden Fall 4.000 US-Dollar. Das dürfte den Etat der meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen In Deutschland sprengen. Außerdem Ist derzeit noch nicht gesichert, ob die Rechtsschutzversicherer die Kosten tragen. Wer preisgünstiger und schneller zum Ziel kommen will, sollte Vergleichsverhandlungen oder auch Wirtschaftsmediationen ins Auge fassen.

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